Eliteakademie2023

OHG-Schüler auf den Spuren von Otto Hahn

Einmal im Monat fahren sieben Schülerinnen und Schüler des OHG von Klasse 10 bis J2 zur Universität Stuttgart, um dort an der Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaft, einem Programm der School for Talents, teilzunehmen. Die Information über dieses Angebot erhielten sie von den Chemie-Lehrkräften Frau Escarpa und Herrn Zenger, bewerben mussten sie sich aber selbstständig, sowie ein kleines Motivationsschreiben verfassen. Nun nehmen sie einmal monatlich mit etwa 90 weiteren interessierten Schülerinnen und Schülern und den besten 65 Studierenden der Fakultät Chemie an einem abwechslungsreichen Programm aus Vorträgen, Workshops, Laborexperimenten und einer Exkursion zum Deutschen Museum teil und können schon mal ein bisschen Uni-Luft schnuppern. Die Themen sind dabei so gewählt, dass auch die Studierenden noch etwas Neues lernen können, sei es über Astrochemie, bioinspirierte Werkstoffe aus Chitin oder „heiße Themen der Materialwissenschaft“.

Auch ein Experimentiernachmittag im Fehling-Lab der Universität Stuttgart stand für die Schülerinnen und Schüler auf dem Programm. Während die 10.-Klässler hier gelernt haben, wie man eine Säure-Base-Titration durchführt, was sie übrigens dann in der Kursstufe gut im Chemie-Unterricht gebrauchen können, wurden die Oberstufenschüler in die Geheimnisse der Mikrowellenöfen eingeführt. Ein solcher Experimentiernachmittag kann an der Schule schon deshalb nicht stattfinden, weil dafür gar nicht die notwendigen Mikrowellengeräte vorhanden sind. So haben sie in den Mikrowellengeräten Kunststoff aus Citronensäure und Glycerin hergestellt und sogar Glas geschmolzen.

Das bisherige Highlight war aber die Exkursion nach München zum Deutschen Museum. Mit zwei Bussen ging es an einem Samstagmorgen von der Uni Stuttgart los. Auf dem Programm stand nicht nur der Museumsbesuch, sondern auch ein Vortrag zur Entdeckung der Kernspaltung durch Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Straßmann und ihr „Kernspaltungstisch“. Sie sollten also den Aufbau sehen, mit dem der Namensgeber ihrer Schule die Kernspaltung mit seinen Mitstreitern entdeckt hat. Die Kuratorin der Abteilung Chemie, Frau Dr. Susanne Rehn-Taube, ließ es sich nicht nehmen, persönlich über die Entdeckung der Kernspaltung und das Exponat zu berichten. So erfuhren die Schülerinnen und Schüler, dass Hahn, Meitner und Straßmann in den 1930er Jahren Uransalze mit Neutronen bestrahlten, um Elemente herzustellen, die schwerer als Uran sein sollten. Allerdings enthält eine Probe von 1-2 g Uran-Salz nur unwägbare Mengen des Bestrahlungsproduktes, so dass diese mit ähnlichen Elementen ausgefällt werden müssen und in den Niederschlägen die Strahlung gemessen wird. In einem Versuchsprodukt vermuteten Hahn und Straßmann Radium als Produkt des Neutroneneinfangs. Doch dies konnte nicht nachgewiesen werden. Die einzige Erklärung, die Hahn und Straßmann für ihr Ergebnis hatten, war, dass Barium entstanden sein musste. Die Forscher konnten sich dieses Ergebnis nicht erklären und so berichtete Hahn in einem Brief an Meitner, die inzwischen – sie war als Jüdin – durch die Verfolgung durch die Nationalsozialisten bedroht und 1938 nach Schweden geflohen war, von den Ergebnissen und bat sie um eine Erklärung. Diese soll Lise Meitner bei einem Winterspaziergang in Schweden mit ihrem Neffen Otto Robert Frisch gefunden haben. Der Urankern musste durch den Neutronenbeschuss in Schwingungen geraten sein und in die zwei nahezu gleich großen Atome der Elemente Barium und Krypton zerfallen sein. Nach dieser Erklärung konnte auch das entstandene Krypton nachgewiesen werden und damit war die erste Kernspaltung bewiesen, was eine große Sensation war. Bereits im Jahre 1939 begannen in den USA Versuche, die Kernspaltung für militärische Zwecke zu nutzen, die in der Entwicklung der Atombombe mündeten. Den militärischen Einsatz der Kernspaltung bezeichnete Otto Hahn stets als „Schweinerei“.

Nach diesen Ausführungen ging es noch zum „Hahn-Meitner-Straßmann-Tisch“. Die Teilnehmenden erfuhren, dass auf diesem Tisch Teile der Original-Ausrüstung arrangiert sind, es sich dabei aber nicht um eine historisch korrekte Anordnung handelt. So steht die Waschflasche nur symbolisch für die analytische Arbeit im Chemie-Labor und auch der Paraffinblock, auf dem die Uran-Probe zur Bestrahlung mit Neutronen lag, stand in einem separaten Bestrahlungsraum. Die Messung der Aktivitäten der Proben fanden schließlich in einem Messraum statt. Eine Messung der schwach strahlenden Reaktionsprodukte wäre – wie auf dem Tisch aufgebaut – neben der starken Neutronenquelle überhaupt nicht möglich gewesen.

Nach diesen interessanten Informationen über die Arbeit des Namensgebers ihrer Schule hatten die Schülerinnen und Schüler noch ausreichend Gelegenheit, sich im Museum umzusehen und viele interessante Dinge zu entdecken, darunter die gerade wiedereröffnete und vollständig modernisierte Chemieausstellung. Abends ging es dann mit dem Bus wieder zurück nach Stuttgart.

Ein weiteres Highlight der Eliteakademie Chemie und Materialwissenschaft wird noch im Juli stattfinden – eine Experimentalvorlesung im Hörsaal des Chemiegebäudes der Universität Stuttgart, zu der auch die Schülerinnen und Schüler der OHG-Akademie eingeladen sind.

Caroline Niewa, J2