Die Hölle, das sind die anderen

Die Theater- AG des Otto Hahn Gymnasiums Böblingen führte am 3. und 4. Mai das Drama „Geschlossene Gesellschaft von Jean-Paul Sartre“ auf.

Der Tod und das, was danach kommt – ein Thema das die Menschheit schon immer beschäftigt hat. In diesem Zusammenhang hat wohl jeder irgendeine Vorstellung von dem, was man „Hölle“ nennt. In dem Drama „Geschlossene Gesellschaft“ des französischen Schriftstellers Jean-Paul Sartre wird eine unkonventionelle Idee der Hölle geschildert. Die Theater-AG des Otto-Hahn-Gymnasiums (OHG) wagte sich an das anspruchsvolle Stück. Drei Menschen finden sich nach ihrem Tod in der „Hölle“ wieder: Die reiche Estelle, die Postangestellte Ines und der Journalist Garcin werden von einem geheimnisvollen Kellner nacheinander in ein Zimmer geführt. Dieses wirkt zunächst harmlos wie ein normales Hotelzimmer, in dem sich drei Sofas befinden, eins für jeden. Folterknecht und Folterinstrumente gibt es, entgegen den Erwartungen der drei, nicht. Trotzdem entwickeln sich bald einige Probleme. Die lesbische Ines findet Gefallen an der hübschen Estelle, die jedoch nichts von ihr wissen will und sich stattdessen Garcin an den Hals wirft. Außerdem wird klar, dass keiner der drei so unschuldig ist, wie er die anderen beiden glauben machen wollte. Garcin hat seine Frau misshandelt, Estelle hat ihr ungewolltes Kind umgebracht, worauf sich ihr Geliebter erschossen hat und durch Ines' Zutun begingen zwei Menschen Selbstmord.

Allmählich wird den drei Protagonisten klar, dass sie selbst zu ihren eigenen Folterknechten bestimmt sind. „Sie sparen das Personal, wie in einem Selbstbedienungsrestaurant“, bemerkt einer sarkastisch. Auf Beichten und Aussprachen folgen Anfeindungen und Hohn, Versuche von Solidarität scheitern aus Angst und Hass. Mehrmals eskaliert die Situation und es kommt zu Handgreiflichkeiten. Doch Tote kann man nicht nochmals ermorden. So erkennen die Drei schließlich, dass sie dazu verdammt sind, die Ewigkeit zusammen in diesem Raum zu verbringen. Abrupt endet das Stück daraufhin mit den Worten „Also, machen wir weiter.“

„Geschlossene Gesellschaft“ (Originaltitel „Huis clos“) wurde 1944 in Paris uraufgeführt. Das Stück stammt von dem französischen Schriftsteller und Philosophen Jean-Paul Sartre und ist dessen erfolgreichstes Stück. Es geht um menschliche Beziehungen, um Selbstbewusstsein, Freiheitsverlust, Liebe, Hass und Anerkennung. Auffällig ist der Minimalismus des Stückes: ein einziger durchgehender Akt, eine unveränderte Kulisse mit wenigen Requisiten und nur vier Darsteller.

Mit diesem außergewöhnlichen Stück zeigte die Theater-AG auch dieses Jahr wieder ihr ganzes Können. Es handelt sich hier um die Theater-AG der Oberstufe, eine zweite gibt es am OHG für Mittel- und Unterstufe. Die Oberstufen-Gruppe bestand in diesem Jahr aus: Marlon Lux (Garcin), Tamara Steinberg (Ines) und Alina Espinoza Ruiz (Estelle) und Diego Espinoza Ruiz (Kellner). Den umfangreichen Text meisterten sie wunderbar, die Emotionen wirkten echt und greifbar und so wurden die exzentrischen Charaktere mit Leben gefüllt. Obwohl in dem Stück wenig passiert und fast „nur“ geredet wird, war die Spannung da und die Zuschauer hingen gebannt an den Lippen der Schauspieler.

Ausgewählt hat das Stück der Regisseur und Leiter der Theater-AG Slobodan Popovic (Sprachlehrer am OHG). Popovic beschreibt die Aktualität des Stückes: „Sartres ,Geschlossene Gesellschaft‘ ist zeitlos, genauso wie der Salon, in dem die drei Protagonisten weilen. Man ist immer angewiesen auf den Blick des Anderen, man sucht Bestätigung und stößt auf Ablehnung. Bei so viel Leid, Streit und Kummer auf der Welt sollte man versuchen, die Zeit zu nutzen, etwas dagegen zu tun und den Dialog mit dem Gegenüber suchen, den Willen zeigen, etwas Gutes zu tun.“

In diesem Jahr feiert die Theater-AG des OHGs ihr 10jähriges Jubiläum. 2005 wurde sie von den Lehrern Slobodan Popovic und Heike Rathmann gegründet. Seitdem sind viele Schülergenerationen durchgewandert und haben Stücke wie „Pygmalion“, „Alice im Wunderland“ und „Hexenjagd“ aufgeführt. Bühnenbild, Requisiten und technische Mittel wurden dabei verbessert und weiterentwickelt.

Inzwischen hat das Theaterspiel schon Tradition am OHG und auch in diesem Jahr waren die beiden Aufführungen am 3. und 4. Mai gut besucht.

Laura Dambach, Presse-AG